Konzert Nr. 12: Finale in Stuttgart
Auftritt bei den JazzOpen

Mit einem umjubelten Auftritt bei den "JazzOpen 2025" in Stuttgart hat Jean-Michel Jarre seine "Special Summer Live Tour 2025" beendet. Für einen gelungenen Abschluss der Tour passte alles: Eine schöne Location auf dem Schlossplatz, strahlender Sonnenschein und Publikum in bester Stimmung. Hierfür hatten bereits vorab die Auftritte von Martin Kohlstedt und der Gauthier Dance Company des Stuttgarter Theaterhauses gesorgt. Kohlstedt kombinierte bei seinem Auftritt Konzertflügel mit elektronischen Klängen und Beats, und ließ sich bei seinen Improvisationen von der Stimmung des Publikums leiten und inspirieren. Die Gauthier Dance Company mit ihren 16 Tänzerinnen und Tänzern präsentierte das Stück "Bonus Track", choreographiert von Hofesh Shechter und zog damit das Publikum in ihren Bann. Somit war alles für ein tolles Jarre-Open-Air-Konzert bei schönem Wetter und bester Stimmung vorbereitet.
Als wir am Konzertgelände eintrafen, meinte die junge Security-Mitarbeiterin am Eingang offenbar, besonders gründlich sein zu müssen. Nachdem sie zuerst unseren Stoffbeutel für zu groß erklärte, wollte sie mir dann ernsthaft erzählen, dass ich meine kleine Digitalkamera nicht mitnehmen dürfte, da keine Kameras erlaubt seien. Ob die Kamera denn ein Zoom habe, wollte sie wissen. Nach meinem Hinweis, dass laut Internetseite keine Profikameras mit Wechselobjektiv erlaubt seien und man dann auch alle Handys einsammeln müsse, hatte sie dann aber wohl keine Lust auf eine größere Diskussion und ließ mich dann doch durch.
Auf den Schlossplatz gab es Essen und Trinken und auch Merchandising. Von Jarre gab es allerdings nur noch das bunte T-Shirt, die Mütze und das Poster. Das schwarz-weiße T-Shirt und der Hoodie waren offenbar bereits ausverkauft.
Nicht ganz ausverkauft war dagegen das Jarre-Konzert, aber dennoch war es sehr gut besucht. Fast 6.400 Zuschauer hatten sich eingefunden, die Tribüne war voll besetzt, bei den Stehplätzen wären noch etwa 300 Tickets zu haben gewesen. Schön war auf jeden Fall, dass sich viele, auch altgediente Fans, nicht nur aus Deutschland, sondern aus halb Europa eingefunden hatten. Frankreich, Großbritannien, die Niederlande, Belgien, Dänemark, Polen und vermutlich noch weitere Nationen waren vertreten. U.a. traf ich auch Dave Freeman, der in den 1990er Jahren das englische Fanzine "Revolution" produziert hatte. Wir stellten fest, dass wir uns vermutlich seit dem "Aero"-Konzert 2002 nicht mehr gesehen hatten...
Auf der Tribüne erblickten wir auch kurz Maria Höfl-Riesch, die Skirenn-Weltmeisterin und Olympiasiegerin, die extra aus Kitzbühel angereist war. An anderer Stelle wurde einer Konzertbesucherin offenbar ein Heiratsantrag gemacht. Wir hatten super Plätze auf der Tribüne, direkt über dem Zelt mit dem Mischpult, in dessen Umfeld wir u.a. auch Jarres Managerin Fiona und weitere Mitglieder seines Teams entdecken konnten.
Um Punkt 20:45 Uhr betrat SWR-Moderatorin Stefanie Anhalt die Bühne und teilte dem Publikum mit, dass man sich für den Auftritt Jarres, der aussehe "wie ein 25jähriger" noch ein klein wenig gedulden müsse. Es war auch noch viel zu hell, die letzten Sonnenstrahlen waren noch auf der Fassade des Schlosses neben der Bühne zu sehen.
Das Konzert begann dann um 21 Uhr und eigentlich war es immer noch viel zu hell. Die Lichtshow beim Opener "Magnetic Fields 1" kam nicht so richtig zur Geltung.
Jarre begrüßte das Publikum mit "Guten Abend!" An verschiedenen Stellen streute er über den Abend immer wieder kleine Ansprachen an das Publikum ein, die diesmal deutlich länger ausfielen als bei anderen Konzerten, so dass die auf auf den LED-Schirmen zu sehende, vorbereitete deutsche Übersetzung nicht immer die ganze Ansprache wiedergeben konnte.
U.a. sprach Jarre davon, dass die deutsche Kultur großen Einfluss auf ihn gehabt habe und nannte auch zahlreiche Namen von Beethoven bis Stockhausen. Auch den deutschen Elektronikmusiker, von denen er viele kenne, widmete er ein Stück: "Arpeggiator".
Nach dem Opener ging es aber zunächst mit "Epica Oxygene" weiter, bei dem ein Bild Jarres mittels KI-Bearbeitung auf den Leinwänden wildeste Transformationen erlebt, bevor es wieder zum Ausgangsbild zurückkehrte. Es folgten mit "Oxymore" und "Sex In The Machine" zwei Stücke aus seinem letzen Album "Oxymore", die mit sehr kunstvollen KI-Animationen des ungarischen Künstlers Davis Szauder optisch untermalt wurden.
Für "Oxygene 2" setzte sich Jarre eine Brille auf, an der eine kleine Kamera angebracht war. Er vergleiche elektronische Musik ja gerne mit Kochen und wolle nun dem Publikum einen kleinen Einblick in seine "Küche" geben, erklärte er. Nachdem er einige Geräusche produziert hatte, spielte Jarre ein improvisiertes Intro, bevor dann das eigentliche "Oxygene 2" begann.
Im Anschluss ging es dann mit "Arpeggiator" weiter, das mit einem Mörderbass begann. "Zoolookologie" wurde mit einigen überarbeiteten Grafiken unterlegt, die teilweise schon in Bratislava zum Einsatz gekommen waren und auch mit dem seit 2017 eingeführten Solo am Ende gespielt. Weiter ging es mit "Equinoxe 7". Laser und Nahaufnahmen von Jarre bildeten in Kombination mit der Lichtshow sehr cool das optische Element. Weiter ging es dann mit drei "Electronica"-Stücken nacheinander: "The Architect", der Above & Bayond-Remix von "Zero Gravity", der immer wieder gut beim Publikum ankommt und schließlich "Exit". Im Publikum wurde eine Konzertbesucherin gesehen, die den kompletten, von Edward Snowden gesprochenen Text zum Thema Überwachung und Privatsphäre auswendig mitsprechen konnte. Andere Besucher tanzten wild zu den schnellen Beats.
Mit dem kurzen "Industrial Revolutions 2" wurde es dann musikalisch wieder etwas "klassischer".
Vor dem nächsten Stück "Robots Don't Cry" sprach Jarre über das Thema KI. Viele Leute hätten Angst vor KI. Man solle zwar nicht naiv sein, aber auch keine Angst vor neuen Technologien haben. Gerade für kreative Künstler könne KI ein sehr hilfreiches Werkzeug sein und auch für seine Tour habe sein Team sehr viel mit KI gearbeitet. Fast noch vergessen hätte er dann seine Ansage, dass er - im Hinblick auf die technische Entwicklung - das nächste Stück wohl besser "Robots Don't Cry - So Far" hätte nennen sollen. Das Stück ging schließlich ohne größeren Übergang in den Titel "Herbalizer" über, bei dem lustige Roboter im Takt der Musik auf den Bildschirmen tanzten. Es folgten das ruhigere "Oxygene 19" und der Klassiker "Equinoxe 4", vermischt mit Elementen des Stückes "Glory". Mit "Brutalism" folgte ein weiterer Track des "Oxymore"-Albums, das von einer spektakulären Lichtshow begleitet wurde. "Oxygene 4", das anfangs ja schon in Form des orchestral arrangierten "Epica Oxygene" angeklungen war, kam nun noch einmal als Dance Remix zu Ehren. Jarre führte mit seinen Füßen einen wilden Tanz auf, den die KI-generierten Figuren auf den Leinwänden aufgriffen.
Mit "Epica" folgte ein weiteres Stück des "Oxymore"-Albums, das von geisterhaft zuckenden Bildern einer Tänzerin, abwechselnd mit Nahaufnahmen Jarres und - wie beim Großteil der Show auch einer Laserbatterie optisch unterlegt wurde. Mit "Stardust" folgte der Abschluss des "offiziellen" Teils des Konzerts. In der ruhigen Passage in der Mitte winkte Jarre mit seinem Armen im Takt der Musik von links nach rechts und wieder zurück, was vom Publikum begeistert aufgegriffen wurde.
In der Pause bis zu den Zugaben waren auf der großen Leinwand im Hintergrund die "Equinoxe-Watcher" zu sehen, die statt Ferngläsern Smartphones in der Hand hielten. Jarre kam zurück auf die Bühne und sagte, das Publikum habe ihn den ganzen Abend gefilmt, nun sei er dran. Er forderte die Zuschauer auf, ihre Handylampen einzuschalten und hin und her zu schwenken und "Noise" zu machen. Das Publikum kam dieser Aufforderung gerne nach, aber Jarre meinte: "Stuttgart, you can do much better". Schließlich machte er selbst ein Video und ein Bild mit seinem Handy. Auch ein Fotograf auf der Bühne schoss noch ein Bild.
Ein lautstarker Ruf aus dem Publikum forderte: "Rendez-Vous". Tatsächlich was Rendez-Vous 4 dann auch die erste Zugabe. Man merkte Jarre sichtlich den Spaß auf der Bühne an. Immer wieder deutete er mit dem Zeigefinger in eine kleine Kamera an seinen Keyboards, was dann groß auf den Leinwänden zu sehen war. Das Publikum vor der Bühne sang die Melodie lautstark mit, auch das Publikum auf der Tribüne stand inzwischen komplett. Gegenüber den ersten Konzerten, wo Rendez-Vous 4 noch ziemlich kurz war, ist das Stück im Lauf der Tour etwas länger geworden. Den Abschluss bildete dann "Magnetic Fields 2", zu dem ulkige KI-generierte Figuren über die Leinwände tanzten und Licht- und Lasershow sich nochmals austobten.
Jarre nahm die Ovationen des Publikums sichtlich bewegt entgegen, flitzte auf der Bühne hin und her, wünschte dem Publikum einen sicheren Nachhauseweg und versprach: "See You Soon". Wie wir am nächsten Tag von einem Mitglied der Crew erfuhren, war Jarre wohl tatsächlich sehr positiv überrascht von der prima Stimmung in Stuttgart. Insgesamt hatte das Konzert etwa 105 Minuten gedauert.
Die eindrucksvolle Licht- und Lasershow lässt sich nur schwer in Worten beschreiben - man muss sie gesehen haben. Auch wurden die Mauern des Neuen Schlosses, die das Konzertgelände an drei Seiten umrahmt passend zur Lichtshow farblich angeleuchtet. Ich persönlich fand die Laser in Stuttgart allerdings nicht ganz so eindrucksvoll. Das mag am (zu) frühen Beginn des Konzerts bei Helligkeit gelegen haben, an dem breiten aber nicht sehr tiefen Zuschauerbereich, der eigentlich etwas zu dicht an der Bühne war, um die Laser wirklich richtig intensiv zur Wirkung kommen zu lassen und natürlich sicher auch daran, dass ich von der genialen Wirkung der Laser in Pompeji noch etwas verwöhnt war. Trotzdem war es eine beeindruckende Show und das Jarre-Team hatte hier wirklich sein bestes gegeben, wofür Jarre das Publikum auch um kräftigen Applaus bat. Der Sound war in Stuttgart etwas lauter als die optimale Einstellung in Venedig und Pompeji, war aber immer noch völlig in Ordnung. Da die Konzerte ja größtenteils im Rahmen von Festivals stattfanden, bei denen Bühne, Licht- und Soundanlage bereits vorhanden waren, mussten sich die Jarre-Techniker bei jedem Konzert auf neue Gegebenheiten einstellen. Hier haben sie wirklich geniale Arbeit geleistet.
Beim Publikum kam das Konzert super an, auch die Berichte in den Medien waren ausschließlich positiv. Hier ein paar Links (die Zeitungsartikel leider hinter Bezahlschranken):
Stuttgarter Zeitung: "Von einem anderen Stern: So war’s bei Jean-Michel Jarre auf dem Schlossplatz"
Stuttgarter Nachrichten (identischer Artikel)
Reutlinger General-Anzeiger: "Jean-Michel Jarre und Martin Kohlstedt auf dem Stuttgarter Schlossplatz"
stuttgart-inside.de: "Jazz Open 2025: Elektro-Ikone trifft Zukunftsballett"
gig-blog.net: "Jean-Michel Jarre, 11.07.2025, JazzOpen, Schlossplatz, Stuttgart"
n-news.de: "Jean-Michel Jarre bei den Jazzopen Stuttgart –Zwischen Zukunftsvision und Klanggewitter"
Südwest Presse: "Ein Wow-Erlebnis für alle Sinne"
Ludwigsburger Kreiszeitung: "Jean-Michel Jarre: Ein Wegbereiter, Pionier und Visionär"
Und hier noch ein frei zugänglicher Artikel der Stuttgarter Zeitung.
Demnach feierten Jarre und seine Crew nach der Show in Stuttgart backstage im Hof vor dem Neuen Schloss mit Pizza, Eis und Drinks den Abschluss der Tournee, "völlig im Glück, dass der euphorisch bejubelte Auftritt bei den Jazz Open ein krönendes Finale der vergangenen Wochen für sie war". Als Überraschungsgast tauchte dabei Ferrari-Chef Benedetto Vigna mit seiner Frau auf. Die JazzOpen kommen nämlich 2026 mit einem Ableger nach Modena und Ferrari wird dabei Premium-Sponsor sein. Vigna wollte eigentlich am Samstag das Konzert seines Landsmann Zucchero besuchen, war aber schon einen Tag früher angereist und von Jarres Show ebenfalls sehr begeistert.
Schreibt Eure Eindrücke des Konzerts gerne in die Kommentare. Wir werden in nächster Zeit noch Bildergalerien von den Konzerten in Venedig, Pompeji und Stuttgart einstellen.
Hier nochmal die Setlist des Stuttgart-Konzerts:
1. Magnetic Fields 1
2. Epica Oxygene
3. Oxymore
4. Sex In The machine
5. Oxygene 2
6. Arpeggiator
7. Zoolookoologie
8. Equinoxe 7
9. The Architect
10. Zero Gravity (Above & Beyond Remix)
11. Exit
12. Industrial Revolution 2
13. Robots Don't Cry
14. Herbalizer
15. Oxygene 19
16. Equinoxe 4
17. Brutalism
18. Oxygene 4 (Astral Projection Remix)
19. Epica
20. Stardust
Zugaben:
21. Rendez Vous 4
22. Magnetic Fields 2
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Kommentar von Jens |
Ich fand die Show sehr gelungen, der Sound war zwar laut, aber nie scheppernd im Ohr, dafür aber sehr räumlich und klar. Die Laser kamen wie berichtet erst etwas später zur Geltung, bestechen aber durch ihre Präzision und deren Farbenspiel. Hier hat das Team gegenüber anderen Lasershows deutlich die Nase vorn. Bei den Stücken gefallen mir die „Oxymore”-Stücke und deren Remixe nicht so sehr, lehne sie aber auch nicht komplett ab. Das einzige Stück, was allerdings wirklich mal weggelassen werden könnte, ist „Exit”, was mich latent nervt. Aber wahrscheinlich ist die Aussage dahinter halt wichtig fürs Publikum. Positiv überrascht haben mich die Mixe und der Sound der älteren Stücke wie „Zoolookologie”, „Arpeggiator” und „Magnetic Fields 1”. Die Version von „MF2” war sehr gelungen und hat mich mit der gruseligen Kirmes-Cover-Fassung von „Planet Jarre” (die auch jeder x-beliebige Cover-Fuzzi gespielt haben könnte) versöhnt. Nicht geht über das schöne „kalte” Original von 1981.
Nun, also ich fand die Show insgesamt gelungen, das Publikum hat gut mitgemacht und die Organisation auf dem Schlossplatz hat gut geklappt. Natürlich hätte ich mir gerne auch Locations wie Brüssel oder Pompeji gegönnt, aber dann fängt man doch schon an zu rechnen und wägt ab. Mir hat dann Stuttgart „alleine” gut gereicht. Mit meiner Kamera habe ich sporadisch reingezoomt und wollte eigentlich nicht viele Fotos machen und stellte später zuhause fest, dass es doch ca. 300 wurden. Andere Leute hingegen filmten fast das ganze Konzert durch mit ihrem Handy und auch immer mal ins Publikum rundherum rein, und da frage ich mich, warum die überhaupt ins Konzert gehen. Sie haben ständig auf den Bildschirm geglotzt und dabei alles rundherum nicht richtig erfasst. Jarre sah richtig gut aus, lächelte hier und da. Das Einzige was mich störte war, dass er meist die rechte Hand in der Hosentasche hatte, während er redete. Sah irgendwie komisch aus – hatte Michael J. Fox ja auch gemacht, um sein Parkinson zu kaschieren (was ich Jarre nicht unterstellen will), aber es fiel mir halt nur auf. Hier und da habe ich ein paar der „üblichen Verdächtigen” getroffen, aber ein richtiges Fanmeeting gab es wohl nicht. Egal – man sieht sich teilweise Jahre nicht, um dann auf Konzerten ja doch festzustellen, dass sich nicht viel verändert hat. Bis auf die Musik, die halt sehr modern und sehr tanzbar daherkam.
Kommentar von Matthias |
Dankeschön, sehr gerne! :-)
Kommentar von Dominique |
Danke für eure tolle Berichterstattung.