News aus dem Instagram-Chat vom 09.09.

Fragen der Fans und Jean-Michels Antworten

Einen Tag vor der Veröffentlichung von "Welcome To The Other Side" und dem Promotion-Event in Berlin, stellte sich Jean-Michel in einem Live-Video-Chat auf Instagram direkt den Fragen der Fans. Zu diesem Chat eingeladen waren Fans aus Frankreich, Spanien, Chile, Dänemark, Kanada, Großbritannien und Brasilien. Auch Jarrelook war für Deutschland vertreten.
Nicht zustande kamen leider Verbindungen zu Fans in Griechenland und Argentinien.
Beim nächsten Mal sollen dann Fans aus anderen Ländern zum Zug kommen.
Er sei damit von dem eher abstrakten Facebook Live-Video abgekommen, da er so in diesen schwierigen Zeiten mit den Fans wenigstens von Angesicht zu Angesicht sprechen könne.

Wir bringen hier eine Zusammenfassung der Fragen der Fans und der Antworten von Jean-Michel. Dabei gibt es auch ein paar interessante Neuigkeiten.

Zunächst zeigte Jean-Michel stolz die LP (inklusive Poster) und CD/BR von "Welcome To The Other Side". Er sei damit sehr zufrieden, was die Gestaltung und die Arbeit von Sony Music angehe, sagte er.

"Welcome To The Other Side" sei ein echtes Multimedia-Projekt. Schon das Konzert sei per Internet, VR, Fernsehen, Social Media und Radio in Europa, den USA, Südamerika und China übertragen worden. Und so habe er es interessant gefunden, das Projekt auch auf verschiedenen Medien zu veröffentlichen, wie CD, BluRay und Vinyl. Somit sei es das erste VR-Konzert, das auf Vinyl veröffentlicht worden sei, schmunzelte Jean-Michel. Besonders sei zudem die binaurale Version, die mittels QR-Code, der der CD bzw. LP beiliegt heruntergeladen werden kann. Dies habe er bereits bei Amazonia gemacht und wolle dies auch weiterentwickeln. Er sei ein großer Fan von Sounds, in die man „eintauchen“ könne. Er denke, dass dies künftig noch an Popularität gewinnen werde.

Auf die Frage, ob es beim letzten Stück „The Time Machine“ besonders schwierig und herausfordernd gewesen sei, sein „echtes“ Bild an der Laser Harp mit der virtuellen Umgebung zu verknüpfen, sagte Jean-Michel, wie so oft habe das Ganze mit einem Problem begonnen, nämlich die Laser Harp in eine virtuelle Umgebung zu bringen. So sei man auf die Idee gekommen, ihn selbst am Ende des Konzerts als eine Art „Hologramm“ erscheinen zu lassen. Als man begann dies zu testen, funktionierte das gut und hätte zudem noch eine echte Überraschung zum Ende der Show gebracht. Es sei gut gewesen, mit beidem „spielen“ zu können.

Auf die Frage, ob er auch ein „echtes“ Konzert auf BluRay veröffentlichen werde, sagte Jean-Michel, dass er dies gerne tun möchte. Das Problem, insbesondere bei der Wiederveröffentlichung von älteren Konzerten, sei die Qualität. Alte Konzertaufnahmen wie z.B. von Houston seien sehr dunkel und die Qualität im Lauf der Zeit nicht besser geworden. Es sei sowohl für die Fans als auch für ihn selbst frustrierend, dass die alten Konzerte deswegen nur schlecht auf BluRay wiederveröffentlicht werden könnten. Die Idee, diese alten Konzerte als VR-Konzerte neu entstehen zu lassen, z.B. Docklands ohne Regen oder die Pyramiden ohne Nebel, fand Jean-Michel unterhaltsam und interessant. Gleichzeitig sei er aber auch ein wenig egoistisch, und würde lieber ganz neue Projekte machen und nicht etwas, das er schon gemacht habe.

Zudem sei eine BluRay-Produktion sehr teuer. Wenn ein Konzert für eine BluRay aufgezeichnet werde, brauche man ein komplettes Produktionsteam, viele Kameras, das Ganze müsse geschnitten werden etc. Wenn man bei einer Tour filmen wolle, müssten oft über mehrere Tage hinweg Aufnahmen gemacht werden. Vom Konzert in Liebana gebe es z.B. einen guten Film für das Fernsehen. Dies sei eine Live-Übertragung gewesen, für die nicht geprobt worden sei. Dafür sei das Ergebnis sehr gut. Aber für eine BluRay brauche man mehr Kameras und mehr Proben. Daher sei WTTOS einfacher zu produzieren gewesen, da man alle „Kamerawinkel“ etc. perfekt habe kontrollieren können. Er verstehe aber den Wunsch der Fans und man werde versuchen, in Zukunft mehr BluRay-Projekte zu veröffentlichen.

Gefragt, ob er sich mit dem kleinen Bühnensetting seines Auftritts im Élysée-Palast eine Clubtour vorstellen könne, sagte Jean-Michel, das Ganze sei eher eine Art Westentaschen-Konzert gewesen, sehr klein. Es sei eher ein Live-Set als ein Live-Konzert per se gewesen. Aber er könne sich gut vorstellen, über eine solche Tour nachzudenken.

Auf die Musikauswahl von WTTOS angesprochen, sagte Jean-Michel, dass er für Silvester eine Setlist mit viel Energie haben wollte, um Freude und Hoffnung zu vermitteln. Gleichzeitig habe er zu dieser Zeit an „Amazonia“ gearbeitet, welches das genaue Gegenstück davon sei. Auf Amazonia gebe es fast gar keine Beats und es sei etwas vollkommen anderes. Er möge es, manchmal umzuschalten von sehr rhythmischen Stücken zu sehr ruhigen, wobei ihm der Begriff „Ambient“ nicht gefalle. Er gehe ein Projekt immer wie einen Soundtrack für seine Fans und andere Leute an, abhängig von dem, was er ausdrücken wolle. Für WTTOS sei es ihm angemessen erschienen, eine Art „Party Time“ zu schaffen.

Auf die Frage, ob er in den nächsten Jahren weitere VR-Konzerte machen wolle oder ob er den Kontakt zum Publikum und den Fans vermisse, sagte Jean-Michel, er sehe VR wie das Kino in seinen Anfängen. Das Kino habe das Theater nicht ersetzt und VR werde Konzerte nicht ersetzen. Es sei einfach etwas anderes. Er freue sich sehr darauf, wieder vor einem echten Publikum auf die Bühne zu gehen, aber VR sei einfach eine andere Ausdrucksform, so wie die Veröffentlichung eines Albums nicht dasselbe sei, wie auf der Bühne zu stehen. Er hoffe, dass er im kommenden Jahr wieder Konzerte geben könne.

Weiterhin sagte Jean-Michel, dass er derzeit in Gesprächen mit Sony Music über eine mögliche Veröffentlichung eines Live-Albums zur Electronica-Tour sei. Als nächste Veröffentlichung könne es möglicherweise einen Mitschnitt des Konzerts in Santiago de Chile geben. Die Atmosphäre dort sei besonders gewesen und das Publikum großartig. Außerdem existiere eine gute Aufnahme der Musik von dort.

Auf die Frage, was er jungen Musikern und Produzenten raten würde, sagte Jean-Michel, dass es momentan ja für die gesamte Musikbranche schwierig sei, von Musik zu leben und dass er sich sehr für eine gerechte Bezahlung einsetze. Was man als Musiker aber bedenken müsse: Man habe nur 12 Noten zur Verfügung. Und aus diesen 12 Noten seien Millionen von Musikstücken entstanden. Entscheidend für den Wert der eigenen Musik sei also nicht das Instrument, sondern das, was aus einem selbst komme. Das Wichtigste sei zudem, an sich selbst zu glauben. Auch könne man es nicht allen recht machen und je eher man damit aufhöre, dies zu versuchen, desto besser. Zudem würde er dazu raten, sich sorgfältig nur einen Synthesizer (oder ein Plug-In) auszusuchen und sich mit diesem ausführlich und intensiv in den nächsten sechs Monaten zu beschäftigen und alle Möglichkeiten auszuprobieren. Er selbst habe so begonnen, zu einer Zeit als er kaum Geld hatte und es auch fast keine Synthesizer gab. Er habe anfangs für ein Jahr lang nur seinen AKS gehabt und ein paar kleine Orgeln. Durch Verbindung mit Effektgeräten habe er dann so seine ersten Stücke geschaffen und in dieser Zeit mehr gelernt als zu jeder anderen Zeit später. Das wichtigste sei also selbst in ein Instrument einzutauchen, zu dem man eine emotionale Beziehung habe.

Auf die Frage, wie die Erinnerung an das Konzert neun Monate später sei, sagte Jean-Michel, die Erinnerungen seien natürlich ganz anders als an jedes andere Konzert. Es sei schon besonders gewesen, seinen Doppelgänger zu sehen, so als habe man einen Zwillingsbruder als Avatar. Zugleich sei er ja live im Studio gewesen, aber auch live vor anderen Avataren. Er würde gerne weitere VR-Projekte realisieren, zugleich wolle er aber auch gerne wieder richtige Konzerte geben.

Zur Frage, ob es denkbar für ihn sei, ein Konzert in Minecraft zu geben, antwortete Jean-Michel, dass dies ein anderer Ansatz sei als WTTOS. In Minecraft müsse alles vorher aufgezeichnet und dann in eine bereits bestehende Umgebung eingefügt werden. Auch dies sei aber sehr interessant. Er habe in der Vergangenheit bereits mit UBI Soft Gespräche wegen einer Zusammenarbeit z.B. für „Assassin’s Creed“ geführt.

Auf seinen Perfektionismus bei Konzerten angesprochen, sagte Jean-Michel, dass er auf Tournee immer wieder versuche, etwas zu verbessern. Ein Konzert sei für ihn niemals perfekt. Dies sei zugleich auch der Reiz einer Tournee. Man müsse zwar nicht jeden Tag wieder bei Null anfangen, aber sich permanent hinterfragen. Es sei etwas Wahres daran, dass man nach einem guten Konzert Probleme beim nächsten Konzert haben werde, denn unbewusst würde die ganze Crew, einschließlich ihm selbst, annehmen, wenn es gestern okay war, werde es heute auch okay sein. Und das sei falsch. Daher würde er soviel Zeit bei jedem Soundcheck verbringen, um Dinge zu verbessern. Eine Tournee sei für ihn daher wie ein lebendes Tier, um das man sich jeden Tag kümmern müsse.

Die Idee, virtuelle Konzerte an Orten zu geben, die nicht mehr existieren oder wo man aus verschiedenen Gründen heute physisch nicht auftreten kann, z.B. Syrien oder Afghanistan, fand Jean-Michel sehr interessant und er sei u.a. mit der UNESCO bereits darüber in Gesprächen.

Auf das 40. Jubiläum seiner China-Tour angesprochen, sagte Jean-Michel, dass das Album ja im Jahr darauf erschienen sei und er gerade mit Sony Music in Gesprächen darüber sei, im nächsten Jahr das Album mit einigen Boni und Extras aus diesem Anlass neu zu veröffentlichen.

Befragt nach den Plänen von Abba für eine Konzertreihe mit Avataren, sagte Jean-Michel, dass er großen Respekt für ABBA habe und auch Björn kenne, der ihn in seiner Funktion bei der CISAC abgelöst habe. Er denke, dass die ABBA-Tour ein großer Erfolg werde. Es gebe aber einen großen Unterschied zu WTTOS, denn dies sei ein Live-Event gewesen. ABBA dagegen würde die Avatare als Hologramme vor das Publikum auf die Bühne schicken. Dies sei ein anderer Weg, Musik zu präsentieren. Ihn persönlich würde es mehr interessieren, das physikalische und das virtuelle auf andere Art und Weise zu vermischen. Er würde es vorziehen, wirklich auf der Bühne zu stehen, vielleicht mit Augmented Reality-Elementen. Er selbst habe über den Einsatz von Hologrammen für die Electronica-Tour nachgedacht, sei dann aber wieder davon abgekommen. Sich selbst auf einer echten Bühne repräsentieren zu lassen, sei irgendwie merkwürdig und auch technisch schwierig, auch wenn er sicher sei, dass dies bei ABBA perfekt sein werde, denn sie seien sehr professionell. Man müsse sich anschauen, wie es aussehe. Wenn die Idee sei, zu Hause zu bleiben und nur die Avatare um die Welt zu schicken, sei dies nicht das, was er wolle.

Die Nachricht, dass Little Boots als Keyboarderin Teil der Live-Band der ABBA-Konzerte sein werde, freute Jean-Michel. Er sei gut mit ihr befreundet und sie sei eine gute Musikerin und bereit für solche Engagements. Er habe sogar mit ihr darüber gesprochen, ob sie bei seiner letzten Tour Teil der Live-Band sein sollte.

Auf die Frage, was das Interessanteste sei, dass er von WTTOS gelernt habe, sagte Jean-Michel, er habe ein neues Medium kennengelernt und sich dabei wieder ein Anfänger gefühlt. Er werde als Pionier angesehen und gemeinsam mit den jungen Leuten, die das Projekt umgesetzt haben, hätten sich alle auch so gefühlt. VR sei für ihn eine neue Art sich auszudrücken und werde immer wichtiger. Es sei für ihn ein Lernprozess gewesen, Dinge tun zu können, die man im echten Leben nicht tun könne. So gebe es z.B. keine Schwerkraft in der virtuellen Welt. Das mache viel Spaß und in Zukunft werde es dadurch viele neue Möglichkeiten geben.

Angeprochen auf Umweltaspekte seiner Konzerte, sagte Jean-Michel, dass er sich dessen sehr bewusst sei. Er versuche alles, was er tue, so CO2-neutral wie möglich zu tun. Das ganze sei aber sehr komplex. Nicht immer sei es z.B. sinnvoll, CO2-Emissionen durch das Pflanzen von Bäumen zu neutralisieren. Das hänge immer vom Kontext ab. Es sei manchmal besser, eine globalere Perspektive einzunehmen und z.B. eine Organisation zu unterstützen, die dann an anderer Stelle einen effizienteren Ausgleich schaffe.

Angesprochen auf das „Behind The Scenes“ auf der BluRay sagte er, das sei okay, aber beim nächsten Mal wolle er ein noch ausgedehnteres Making Of haben und auch mit seinem Team noch etwas intensiver darauf schauen. Aus Zeitgründen sei dies diesmal leider nicht möglich gewesen. Er empfahl auch, sich die binaurale Version anzuhören. Bereits in der GRM habe er mit Mehrkanalton gearbeitet. Bei binaural gehe es nicht darum, existierende Musik in Stereo in binaural zu übertragen, sondern man müsse eigentlich Musik speziell dafür komponieren, wie für ein Orchester. Daher würde er sein nächstes Studioalbum gerne im Hinblick darauf speziell konzipieren.

Der Vorschlag eines virtuellen „Amazonia“-Konzerts in einer Naturumgebung sorgte für positive Resonanz bei Jean-Michel. Er sagte, dass er schon lange nach Brasilien habe kommen und Konzerte geben wollen. Aus den verschiedensten Gründen habe dies bislang nicht geklappt, er hoffe aber, dass dies nach der Pandemie möglich sein werde. Er sagte, dass das Amazonia-Projekt für ihn nicht nur mit der Salgado-Ausstellung, sondern generell mit Brasilien und dem ganzen Amazonas-Gebiet verbunden gewesen sei.
VR sei nicht neu. Das erste virtuelle Objekt sei das Buch gewesen und auch die Musik ermögliche es, in virtuelle Welten einzutauchen. Die Idee eines virtuellen „Amazonia“, ein VR-Konzert in einer natürlichen Umgebung zu geben, sei brillant. Der Regenwald des Amazonas sei dafür ideal.

Nach der Zukunft der Musik befragt, z.B. die Idee, Musik mittels Implantaten direkt im Gehirn entstehen zu lassen, antwortete Jean-Michel, dass seiner Ansicht die Zukunft darin liege, wie man Musik auf natürliche Weise höre. In der Natur gebe es kein Stereo, dort sei alles Mono. Stereo sei ein künstlicher Prozess, der in den 1940er Jahren entwickelt worden sei, um eine Phasenbearbeitung zwischen linkem und rechtem Kanal zu ermöglichen. Der Raum um einen herum und die Ohren würden das Gefühl des Raums erschaffen. Daher beschäftige er sich mehr und mehr mit binauralem Klang. Die Musik für WTTOS sei nicht von Anfang an binaural konzipiert worden. Um dies richtig zu nutzen, müsse die Musik nicht nur für binaural abgemischt werden, sondern von Anfang an dafür konzipiert werden, um auch alle drei Raumachsen zu berücksichtigen. Dies sei für ihn der nächste Schritt in der Musik und dies sei ein größerer Schritt als von Mono nach Stereo. Auch halte er Augmented Reality für wichtiger als Virtual Reality. Für alles andere sei die Zukunft offen.

Auf die Frage warum WTTOS so kurz gewesen sei, antwortete Jean-Michel, dass dies technische Gründe habe. Für das Projekt habe man die VR-Technik bis an die Grenzen getrieben, da enorme Datenmengen entstanden seien, die Kapazität aber begrenzt war. Die 47 Minuten des Konzerts seien das Maximum gewesen, das mit VR Chat möglich gewesen sei.

Zurück

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 8 und 9.

Kommentar von Heike |

Vielen Dank Matthias für die Übersetzung des Chats . Ist eine richtige Fleißaufgabe. Ich habe nur die Aufzeichnung gesehen, auch aus dem "Jarreuseum" ;) . Hast du dich dafür beworben ? Oder ist Jean Michel auf dich zugekommen ?
Tolle Sache !